Alle sprechen von grünen Festivals, aber jeder sollte bei sich selbst ansetzen. Wie grün geht denn ein Festival überhaupt? Kann man wirklich selbst seinen Müll- und seine CO₂-Emissionen minimieren – ohne den Spaß zu verlieren? Und: Wo hört Eigenverantwortung auf und wo beginnt die Pflicht der Veranstalter?
Ich habe versucht, genau das herauszufinden – als Besucher. Mit Zelt, Rucksack und dem festen Willen, nicht der nächste Teil vom Müllproblem zu werden.
Anreise: Der erste CO₂-Faktor
Die Entscheidung fiel früh: kein Auto. Ich wollte bewusst auf den größten CO₂-Treiber verzichten. Also ging es mit Zug, Regionalbahn und Shuttlebus aufs Festivalgelände. Ja, es war etwas umständlicher. Ja, ich musste umsteigen, tragen, schwitzen. Aber: Ich hatte das Gefühl, etwas richtig zu machen – und schon auf der Hinfahrt spannende Menschen kennengelernt, die denselben Weg gehen.
Viele Festivals bieten inzwischen Kombitickets mit Bahn oder Bus an. Der Unterschied: Statt vier Leute im überfüllten Kombi mit laufender Klimaanlage sitzen plötzlich 80 Leute im Shuttle. Die Rechnung ist einfach – und sie geht auf, wenn man’s durchzieht.
Camping: Weniger ist mehr
Ich hatte mein Zelt, eine Isomatte und wiederverwendbares Geschirr dabei. Kein Einweggrill, kein aufblasbares Rieseneinhorn, keine batteriebetriebene Lichterkette aus Fernost. Es war schlicht. Aber ehrlich gesagt: Auch entspannter. Weniger schleppen. Weniger wegwerfen. Klar ist eine Couch oder ein Pool schon lustig, aber geht es nicht auch ohne?
Die Realität um mich herum sah teils anders aus: verlassene Zelte, Dosen, Plastik, kaputte Pavillons. Viele lassen am Ende einfach alles stehen. Aus Bequemlichkeit oder weil der Alkohol am Montagmorgen dann doch wichtiger ist als der Müllsack.
Aber: Ich habe auch das Gegenteil gesehen. Gruppen, die gemeinsam Müll einsammelten. Nachbarn, die aufeinander achteten. Und das gute Gefühl, dass sich langsam etwas verändert.
Ernährung: Nachhaltigkeit mit Geschmack
Ich habe versucht, mich auf dem Festival vegetarisch zu ernähren. Nicht aus Zwang, sondern weil’s inzwischen einfach geht. Die Auswahl an nachhaltigem Streetfood war erstaunlich gut. Regionale Stände, Bio-Optionen, wenig Verpackung. Manche Festivals gehen noch weiter – mit Pfandsystemen, kompostierbarem Besteck oder Essensmarken für Müllsammelnde.
Ich hatte meine eigene Trinkflasche dabei, die ich an Refill-Stationen auffüllen konnte. Kein Vergleich zu den Plastikwüsten früherer Jahre.
Geht das alles, ohne auf Spaß zu verzichten?
Ganz klar: Ja!
Ich hatte ein großartiges Wochenende. Gute Musik, tolle Menschen, echte Begegnungen. Und am Ende das Gefühl, mit meiner Anwesenheit nicht mehr Schaden angerichtet zu haben als nötig. Natürlich bleibt ein ökologischer Fußabdruck. Natürlich ist ein Festival per se kein Umweltprojekt. Aber es macht einen Unterschied, ob ich bewusst konsumiere – oder einfach drauflos.
Nachhaltigkeit beginnt bei uns selbst
Ein grünes Festival ist nur so grün, wie die Menschen, die es besuchen. Veranstalter können Wege bereiten, Strukturen schaffen, Angebote machen – aber am Ende liegt es an uns, ob wir sie nutzen. Jeder Schritt zählt: Weniger Müll. Gemeinsames Aufräumen. Öffis statt Auto. Ein Nein zum Einweg-Plastik. Und ein Ja zu Respekt – vor Ort, vor anderen, vor der Natur.
Vielleicht ist das nicht die große Lösung. Aber es ist ein Anfang. Und manchmal reicht das schon, um aus einem guten Festival ein richtig gutes Gefühl zu machen. Ein grünes Festival beginnt mit der Entscheidung für Zug statt Auto